Kreativitätsüberschuss
Kreativität ist nur für Verlierer. So hab ichs mir jedenfalls jahrelang gedacht. Wer es mit Intelligenz, Geschick und körperlicher Leistungsfähigkeit im Leben nicht schafft, wird halt kreativ. Ein Synonym fürs Versagen und den verzweifelten Versuch, doch noch sein Plätzchen in dieser so harten und leistungsorientierten Welt zu finden. Vielleicht hatte es mit meinem eigenen mangelnden Talent in sämtlichen künstlerischen Belangen zu tun, dass sich dieses Vorurteil so hartnäckig in mir festkrallen konnte. Rationalisieren nennt man das, glaube ich.Doch dann plötzlich erwachte da etwas undefinierbares in mir. Rumorte, krabbelte über die Mauern meines verzweifelten Widerstandes. Ich spürte es tief aus meiner Seele hochkommen. Ein Drang nach Ausdruck und Manifestation meiner Freude und Trauer, meiner Liebe und meines Zorns. Und dann diese Erleichterung, meine Gefühle, Träume und Gedanken als Bilder und Farben aus mir heraussprudeln zu sehen, sich zu etwas Neuem vereinend.
Frevel. Blasphemie! Ja, ich weiss. Das Vorhaben, sich als kleiner Mensch ans Einfangen dieses ETWAS zu machen, welches feinstofflich in göttlicher Vollkommenheit bereits immer und überall existiert, ist bereits im Ansatz zum Scheitern verurteilt. Und trotzdem, es drängt mich, dies zu wagen. Mit allem Respekt.
Damit nicht nur die Mädels, die ich spätnachts mit eindeutiger Absicht in meine Wohnung locke in den Genuss meiner Ergüsse kommen, poste ich hier auch mal zu Gunsten der Weltöffentlichkeit (sozusagen) einige Ausgeburten meines Geistes:
Dieses Teil ziert mein Schlafzimmer. Hat keinen Namen, braucht es auch nicht. Es machte mich erstmals der Beschränktheit meiner Kreativität schmerzlich bewusst. Es müsste schreien können, sich rhythmisch bewegen, man müsste die Hitze riechen und spüren, wie der frische Nachtwind die Sinne verwöhnt…. Aber ich hoffe, die Kunstkritiker der Nachwelt werden mir dereinst dann mal verzeihen und mir dies als „frühes Werk“ durchlassen.
Dieses süsse Früchtchen hängt in meiner Küche und zwinkert mir morgens beim Kaffee trinken zu. Schickt mich mit einem guten Gefühl in den Tag hinaus. Ich mag es immer mehr.
Unter uns grossen Künstlern hat es ja lange Tradition, aus den hunderten von Bildern, die man so von sich selber hat, eines auszusuchen und dieses als DAS EINZIGE zu bezeichnen. Ein Selbstportrait, das die Leute dann mal kopfschüttelnd sagen lässt: „Kein Wunder, wurde der von seinen Mitmenschen ignoriert, kein Wunder wurde seine Kunst nicht gesehen, kein Wunder, hat er es nie geschafft, sich aus seinem Sumpf von Wahnsinn und Einsamkeit herauszuziehen“.
Nun, wenns denn sein muss ...